Berliner Start-up Cellbricks: Bioprinting als Lösung für Organengpässe
Das Berliner Start-up Cellbricks sowie weitere Forschergruppen arbeiten intensiv an der Entwicklung einer bahnbrechenden Technologie: Bioprinting.
Der Einsatz von 3D-Drucktechnologien zur Herstellung von menschlichem Gewebe und Organen, bekannt als Bioprinting, könnte die Wartezeiten auf Spenderorgane drastisch verkürzen und Tierversuche überflüssig machen. Allerdings steht die Technik derzeit noch vor Herausforderungen, insbesondere was die Finanzierung und Zulassung betrifft.
Fortschritte in der Bioprinting-Technologie
Cellbricks hat einen innovativen 3D-Drucker entwickelt, der anders als herkömmliche Geräte mit Licht arbeitet. Anstatt eines beweglichen Druckkopfes wird Biotinte, eine Mischung aus Gelatine und menschlichen Zellen, durch Lichtstrahlen von unten verfestigt. Dadurch können komplexe Strukturen wie Gewebe und Organe mit Blutgefäßen Schicht für Schicht gedruckt werden. Im Labor entstehen bereits Gewebemodelle mit Kapillaren, die Zellen mit Blut und Nährstoffen versorgen können.
Organspende-Engpass: Hoffnung durch künstliche Organe
In Deutschland warten derzeit rund 8.500 Menschen auf ein Spenderorgan. Und das oft jahrelang. Cellbricks-CEO Alexander Leutner sieht Bioprinting als eine mögliche Lösung für diesen Engpass. Sein Interesse an der Technologie wurde durch persönliche Erfahrungen geweckt, als sein Bruder eine Nierenspende benötigte. Seit seinem Einstieg bei Cellbricks im Jahr 2021 verfolgt Leutner das Ziel, die Abhängigkeit von Organspenden zu verringern. Dabei ist er überzeugt, dass künstlich gezüchtete Organe schon bald Realität sein könnten.
Bioprinting: Hürden in puncto Kosten und Zulassung
Obwohl es bereits beeindruckende Fortschritte im Bioprinting gibt, wie etwa die Erzeugung eines Miniherzens mit Zellgewebe durch israelische Forscher im Jahr 2019, gibt es auch technische Herausforderungen. Zum Einen müssen die Organe voll funktionsfähig sein, was zweifellos eine Herausforderung ist, zum Anderen sind die Kosten für derartige 3D-Drucker recht hoch und belaufen sich meist auf zehntausende Euro.
Problematisch ist auch die Zulassung. Diese unterliegt nämlich einer strengen Regulierung durch die Zulassungsbehörden. In der EU müssen für jedes individuell gedruckte Medizinprodukt aufwendige Tests durchgeführt werden, was den Prozess erheblich verlangsamt.
Wesentlich unkomplizierter ist die Zulassung beispielsweise in den USA durch die FDA. Das wiederum könnte dazu führen, dass Unternehmen und Forschung ins Ausland abwandern.
Kostensenkung durch innovative Ansätze
Ein Wissenschaftler aus München, Benedikt Kaufmann, hat bereits einen kostengünstigen Ansatz entwickelt. So modifizierte er einen handelsüblichen 3D-Drucker für Biotinten, sodass dieser mit speziellen Heizfolien und einem Mikrocontroller die benötigten Umweltbedingungen schafft. Diese kostengünstige Lösung, für die die Bauteile nur etwa 500 Euro kosten, könnte die Verbreitung der Technologie fördern und sie für mehr Forschungslabore zugänglich machen.
Potenzial für medizinische Tests und Ersatz von Tierversuchen
Ein weiterer Vorteil des Bioprintings liegt in der Möglichkeit, Tierversuche zu ersetzen. Gedruckte menschliche Gewebe könnten realistischere Ergebnisse bei der Medikamentenentwicklung liefern, da viele Wirkstoffe, die an Tieren erfolgreich getestet wurden, beim Menschen versagen. So könnten beispielsweise Tumorzellen auf künstlichem Gewebe gedruckt werden, um die Wirksamkeit von Krebsmedikamenten gezielter zu testen.
Forschung für die Sportmedizin und neue Heilungsmethoden
Am Fraunhofer-Institut in Stuttgart forscht Achim Weber an der Entwicklung von Biotinten und deren Zusammensetzung. Dabei wird vor allem auf biokompatible Materialien wie modifizierte Gelatine und Collagen gesetzt. Im Rahmen eines EU-Projekts arbeitet das Institut sogar mit dem FC Barcelona zusammen, um Gewebe wie Knorpel und Sehnen zu drucken. Dies könnte Profisportlern bei Verletzungen schneller helfen und ihre Heilungschancen verbessern.
Cellbricks: Von Fettgewebe zu implantierbaren Organen
Cellbricks konzentriert sich derzeit auf zwei Hauptentwicklungszweige: die Herstellung von Fettgewebe zur Brustrekonstruktion nach Krebserkrankungen und die Entwicklung von implantierbarem Lebergewebe.
Diese Produkte basieren auf den Zellen der Patienten und bieten eine Alternative zu herkömmlichen Silikonimplantaten. Das Unternehmen hat bereits erste Erfolge in Labor- und Tierversuchen erzielt und plant, bald klinische Studien am Menschen durchzuführen.
Für die nächsten Schritte benötigt Cellbricks jedoch weitere finanzielle Mittel. Leutner plant die Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen und Investoren, um die Forschung voranzutreiben. Gleichzeitig knüpft er Kontakte in die USA, um von den dort günstigeren Zulassungsbedingungen zu profitieren. Er betont die Notwendigkeit, Deutschland stärker im Bereich Bioprinting zu positionieren, um den Anschluss an die weltweite Forschung nicht zu verlieren.
Fakt ist: Die Entwicklungen im Bioprinting könnten die Medizin revolutionieren, indem sie Engpässe bei Spenderorganen beheben und Tierversuche überflüssig machen.